Am 25. Februar 2025 stellt die Verbraucherzentrale Berlin ein innovatives Serious Game vor: W.I.R.S.I.N.G. vs. Weltuntergang. In Zusammenarbeit mit dem Spielestudio Playing History wurde ein interaktives Lernspiel entwickelt, das Bewusstsein für nachhaltigen Konsum und Ernährung schafft. Die Spielerinnen übernehmen die Rolle von Supermarktleiterinnen und werden vom Roboter W.I.R.S.I.N.G. durch das Spiel geführt. Jede Entscheidung hat Konsequenzen – sowohl für den wirtschaftlichen Erfolg als auch für die Umwelt. Wer zu wenig auf nachhaltiges Wirtschaften achtet, riskiert den Bankrott, doch wer die Umwelt ignoriert, verliert gemeinsam mit allen anderen, weil dann die Welt untergeht.
Wissenschaftlich fundierte Entscheidungsgrundlagen
Ein besonderer Aspekt des Spiels ist seine wissenschaftliche Basis. Die Umweltdaten der Lebensmittel, auf denen die Spielmechanik beruht, wurden mit Hilfe von FOODPRiNT4U bilanziert – unserer Datenbank zur ökologischen und gesundheitlichen Bewertung von Speisen. Diese transparente Grundlage macht W.I.R.S.I.N.G. vs. Weltuntergang nicht nur lehrreich, sondern auch realitätsnah. Teilnehmende erleben unmittelbar, wie Einkaufsentscheidungen den CO₂-Ausstoß, den Wasserverbrauch und die Flächeninanspruchnahme beeinflussen.
Warum Spiele ein Schlüssel für Veränderung sind
Das Spiel folgt der Idee des sogenannten Serious Gaming: Lernen durch Erleben. Gerade in der Ernährungsbildung können spielerische Ansätze helfen, gewohnte Verhaltensweisen zu hinterfragen und langfristig nachhaltigere Entscheidungen zu treffen. „Besonders etablierte Gewohnheiten, die über einen langen Zeitraum erlernt wurden – so wie das eigene Ernährungs- und Konsumverhalten – können mit Hilfe von solchen Spieldesigns in besonderem Maße überdacht und leichter langfristig verändert werden“, erklärt Saskia Erdmann, Projektverantwortliche der Verbraucherzentrale Berlin.
WIRSING vs. Weltuntergang – ein Modell für weitere Verbraucherzentralen?
Nach der Veröffentlichung wird das Spiel kostenfrei über die Verbraucherzentrale Berlin buchbar sein, primär für Bildungseinrichtungen. Es bietet ein neues, interaktives Format, um nachhaltige Ernährung praxisnah zu vermitteln. Dieses innovative Konzept könnte zukünftig auch für andere Bildungsanbieter in Deutschland als Vorbild dienen. Wir freuen uns darauf, zu beobachten, wie sich diese Idee weiterentwickelt und welche Impulse daraus entstehen.



FOODPRiNT4U im Fokus: Transparenz in der Lebensmittelbilanzierung – Unsere Antworten aus der Podiumsdiskussion
Frage: Die Green Guides haben mit dem FOODPRiNT4U die Bilanzierung der Lebensmittel für das Spiel geliefert. Was ist dieses Programm und wie berechnet man die Umweltbilanz von Lebensmitteln? Welche Faktoren spielen eine Rolle?
Toni: FOODPRiNT4U ist eine Software, die wir entwickelt haben, um das Umwelt- und Gesundheitsprofil von Lebensmitteln transparent darzustellen. Die Berechnung basiert auf einer Lebenszyklusanalyse (LCA), die alle Phasen der Lebensmittelproduktion einbezieht – von der landwirtschaftlichen Erzeugung über Verarbeitung, Transport und Verpackung bis hin zur Entsorgung. Dabei betrachten wir mehrere Indikatoren: Treibhausgasemissionen, Wasserverbrauch, Flächennutzung, Biodiversitätsverlust sowie die Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit. Nur wenn man alle Dimensionen berücksichtigt, erhält man ein realistisches Bild der Umwelt- und Gesundheitsbilanz.
Frage: Gibt es eine Faustregel für Verbraucher*innen, um nachhaltigere Entscheidungen zu treffen? Wie groß ist der Einfluss von Konsumentscheidungen auf die Umwelt? Was kann der/die Einzelne tatsächlich bewirken?
Toni: Ja, es gibt einfache Faustregeln, die mittlerweile in der Öffentlichkeit auch gut angekommen sind. Z.B. „Mehr Pflanze, weniger Tier“, „lieber regional, statt global“, „besser unverarbeitet als verarbeitet“, etc. Diese Pauschalempfehlungen sind alle richtig, funktionieren jedoch eher wie ein Kompass – geben also die grobe Richtung vor.
Mit einem Kompass kommt man jedoch nicht immer ans Ziel – ein Navigationssystems mit GPS funktioniert schon besser. Den FOODPRiNT4U kann man sich als ein solches Navigationssystem vorstellen. Sprich, egal in welchem Food-Ökosystem man unterwegs ist – im Supermarkt, auf dem Wochenmarkt, der Mensa oder Kantine – der FOODPRiNT4U zeigt den besten Weg in Punkto Klima, Umwelt und Gesundheit im Kontext der planetaren Grenzen.
Dementsprechend groß ist der Einfluss, den jeder von uns durch seine Ernährung hat. Gesamtgesellschaftlich betrachtet kann eine Ernährung im Einklang mit der Planetary Health Diet die ernährungsbedingten Treibhausgasemissionen im zweistelligen Prozentbereich reduzieren und die Gesundheit signifikant präventiv schützen.

Frage: Im Spiel gibt es Kund*innen, die für verschiedene Anlässe einkaufen. Nehmen wir den Einkaufskorb für das Mittagessen im Homeoffice: Apfel, Rotkohl, Tütensuppe, Cola, Spargel (Deutschland/Peru), Kidneybohnen und Kuhmilch-Joghurt. Welches Produkt würden Sie auswählen? Was wäre am besten für die Umwelt?
Toni: Es ist weniger eine Frage des „Entweder-Oder“, sondern eher des „Wie viel-Wovon“. Die generelle Herausforderung der Ernährung besteht ja letztendlich darin, dass es von Natur aus kein perfektes Lebensmittel gibt, sondern dass man aus einer Auswahl verschiedener Lebensmittel den perfekten Mix zusammenstellen muss.
Um auf die Frage zurückzukommen. Der Rotkohl wäre ein gutes Beispiel für die Hauptzutat des Essens: in der Regel regional, saisonal, wenig verarbeitet, nährstoffreich und mit einer geringen Umweltbelastung. Der Apfel kann ebenfalls gut abschneiden, je nach Herkunft und Lagerung. Hingegen ist der peruanische Spargel problematisch, da, wenn er frisch per Flugzeug transportiert wird und einen hohen CO2-Ausstoß verursacht. Auch der Kuhmilch-Joghurt belastet die Bilanz aufgrund der Methanemissionen der Kühe und weiterer Umwelteffekte. Die Dose Kidneybohnen ist ein guter Kompromiss: haltbar, proteinreich und mit einem geringen ökologischen Fußabdruck. Allerdings ist es für mich aus kulinarischer Sicht schwer vorstellbar, aus den genannten Produkten ein schmackhaftes Essen zuzubereiten. (Anmerkung der Redaktion: es handelt sich lediglich um Beispiellebensmittel)

Frage: Wenn man rein nach den Umweltbelastungspunkten von Produkten geht, könnte man auch Empfehlungen geben wie „ernähre dich nur von Cola“. Welche Dimensionen sollten wir neben der Umwelt noch mitdenken?
Toni: Die Umweltbilanz ist nur eine Seite der Medaille. Gesundheit, Ernährungsvielfalt und soziale Aspekte sind genauso wichtig. Eine reine ökologische Betrachtung ohne Berücksichtigung der Nährstoffdichte würde zu absurden Empfehlungen führen. Cola mag eine geringe Umweltbelastung haben, bietet aber keinen ernährungsphysiologischen Wert. Gemüse, Beerenobst, Hülsenfrüchte hingegen liefern Ballaststoffe, Vitamine, Eiweiß und gute Fette sowie sekundäre Pflanzenstoffe –echte Lebensmittel, die Gesundheit und Umwelt in Einklang bringen.
Abschlussfrage: Was ist Dein Joker-Produkt, das Du im Spiel immer auswählen würden?
Toni: Schwierige Frage, da sich unter den ca. 150 verschiedenen Produkten, die für das Spiel exemplarisch ausgewählt wurden, auch sehr viele Gute befinden. Stark unterschätzt – sprich, wo ich definitiv eine Empfehlung aussprechen würde – sind Blattgemüse (Spinat, Mangold, Grünkohl, etc.), natürlich der Wirsing und Pilze in all ihrer Vielfalt und hier natürlich nur die Ungiftigen.

